9.Etappe 22.08.2010

Villafranca de los Barros – Torremegia
Habe wieder verschlafen, aber wahrscheinlich brauche ich den Schlaf. Ohne Frühstück starte ich um 8:15. Der Ortsrand ist schnell erreicht. Hier kommt mir ein alter Mann entgegen und erklärt mir gestenreich etwas über den Camino. Ich verstehe nichts, bedanke mich und gehe meines Weg. Der Weg führt auf einer Schotterpiste durch Weinfelder und vereinzelt an Gebäuden vorbei. Durch mein „klac, klac…“ der Stöcke werde ich von Hundegebell begleitet. Gut das die Hunde hinter einer Umzäunung sind!

Kurz vor einer Weggabelung, der Camino führt eindeutig rechts weiter, erreicht mich der Alte auf einem noch älteren Motorrad. Er erklärt mir, dass ich unbedingt geradeaus auf dem Feldweg gehen soll. Dann fährt er wieder weiter, auch auf diesem Feldweg. Der Weg führt auf rotem Lehmboden durch die Weinfelder. Es läuft sich viel besser auf diesem Boden, sicher nicht geeignet bei Nässe und Regen. Schon bald bin ich total eingetaucht in den Weinfelder so weit das Auge reicht. Der Verführung der blauen Trauben kann ich nicht lange wiederstehen und genieße die Trauben. Leider, leider rächt sich das einige Zeit später. So ist das, wenn man von verbotenen Früchten nascht! Irgenwann später sehe ich das Motorrad und der alte Mann kommt aus einem Weinfeld. Er ist sichtlich erfreut, dass ich seinem Rat gefolgt bin. Er zeigt mir stolz sein Weinfeld. Es beginnt wieder eine etwas einseitige Unterhaltung aus der ich aber sein Alter von 74 verstehe und das er zu alt für den Camino wäre. Er hat Respekt vor dem Pilgern bei dieser Hitze. Dann verabschiede ich mich von Ihm. Er wünscht mir noch ein „Boen Camino“ und schon bin ich wieder alleine. Bald ist der schöne Weg vorbei und mündet nach rechts auf einer Piste. Es dauert wieder einige Zeit bis diese Piste in den ausgewiesenen Camino übergeht. Bei einer Brücke über einen Bewässerungskanal mache ich meiine erste längere Paus. Die seitliche Mauer ist breit genug um ein Nickerchen zu machen. Dann geht es wieder weiter und schon führt der Weg schnurgerade bis zum Horizont. Dahinter nur noch eine undeutlich erkennbare Bergkette. Es dauert nicht mehr lange und das monotone „klac, klac…“ läßt die Gedanken schweifen. Man denkt über Gott und die Welt nach, beschäftigt sich mit Begebenheiten der Vergangenheit, denkt an die Zukunft und an Probleme. Man hat endlos Zeit zum Grübeln. Ich glaube aber Probleme löst man nicht auf den Camino, aber man betrachtet Dinge von vielen Seiten und manches wird klarer. Ich setze mir Ziele, wenn ich den nächsten Hügel erreicht habe kannst Du wieder was trinken. Man muss mit dem Wasser haushalten, denn es gibt auf der Gesamtstrecke von knapp 28 km keine Stelle um Waser nachzutanken! Plötzlich rast ein Fahrzeug an mir vorbei, ich habe es gedankenverloren nicht gehört und schon bin ich in einer Staubwolke eingehüllt. Ich rufe als Pilger ein paar „nette Wort“ dem Fahrer nach.

Wieder ein Gipfel erreicht, wieder kein Dorf zu sehen, nur wieder den nächsten Gipfel am Horizont. Irgenwann hört auch das Denken auf, die Füße melden sich wieder. Ab und zu ein Schluck Wasser und wieder eine Pause. Es gibt keinen schattigen Platz, nur die pralle Sonne. Daran bin ich nun schon gewöhnt. Ich finde am Rand eines Weinfeldes neben einem Strauch ein Plätzchen. Die blauen Trauben fallen mir fast in den Mund. Sie wirken wie Doping!

Es geht weiter und am Horizont erscheint wie ein weißer Pinselstrich mit roten Farbtupfer der Ort, aber noch völlig unscharf. Weiter geht es von Hügel zu Hügel immer gerade aus. Dann verschwindet dieser Pinselstrich wieder, nur die Berge werden immer klarer. Auch das Dorf wird zeitweise erkennbar. Die Kilometer schleichen dahin, langsam wirkt es zermürbend. Irgendwann hört auch diese verdammte Gerade auf. Der Weg wechselt von der Piste in einen Feldweg. Ich mache eine weitere Pause und muss feststellen, dass ich den letzten Tropfen meines Wassers (2,6 Liter) getrunken habe. Der Ort ist noch ca 5 km entfernt und die Hitze! Es geht schleichend immer weiter, mein Mund ist völlig trocken.

Endlich habe ich den Ort erreicht. Hier fand am Wochenende wohl ein Dorffest statt, es ist 17:00 und ich sehe Leute beim Wegräumen von Stühlen und Tischen. Ich mobiisiere meine letzten Reseven und eile dem Platz entgegen. In einem Hof finde ich am Tresen noch ein paar Leute und bestellen 1,5 Liter Wasser und eine Cola. Wie das Trinken gut tut! Gestärkt geht es weiter, das Hostel, es liegt am Camino, ist schnell gefunden. An der Rezeption sitzt ein junges Mädchen und nimmt von mir keinerlei Notiz. Sie telefoniert offensichtlich privat. Innerlich koche ich. Im Restaurant nebenan sehe ich eine Bedienung und und wende mich an sie. Auch Sie ist nicht sonderlich freundlich, aber ich bekomme mein Zimmer, meinen Stempel und zahle 15 EUR. Das Zimmer ist gut mit eigenem WC und Badewanne. Klimaanlage ist auch vorhanden.

Klamotten aus und eine Pause auf dem Bett ist fällig. Danach beginnt das tägliche Ritual wieder. Um 20:00 verspüren ich Hunger, habe schließlich nichts seit letzten Abend gegessen. Im Ort ist aber das Restaurant geschlossen. In einer Bar habe ich dann aber Glück. Der Wirt bereitet aber nicht selbst zu, es wird von einem anderen Gebäude auf der anderen Straßenseite angeliefert. Dann taucht auch Markus auf, er suchte auch verzweifelt nach etwas zu essen. Gegen 22:30 verlasse ich die Bar, draußen wird wieder bei dröhnender Musik gefeiert.

Im Zimmer lasse ich Wasser für ein ausgiebiges Bad laufen. Die Badewanne ist winzig, ich müsste mich falten können um richtig zu baden. Liege ich mit dem Oberkörper im Wasser strecke ich meine Beine an der Wand hoch. Wenn ich die Füße ins Wasser tauchen will, mache ich unfreiwillig Dehnübungen für die Waden. Trotzdem genieße ich das Bad.

Fazit für heute:Habe heute im Ansatz fühlen können was Durst heißt. Das Positive: „Ich habe wieder Dehnübungen gemacht“!

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