36.Etappe 20.09.2010

Xunqueira de Ambia – Ourense
In der Nacht tut es im dem Nebenraum einen lauten Schlag. Jemand war wohl aus dem unteren Bett gefallenen. Mein Bettnachbar, ein junger Spanier, rollt einen Moment später auch gefährlich an den Rand und schaffte es gerade noch sich abzufangen.

Es war noch nicht Weckzeit und ich hatte das dringende Bedürfnis zur Toilette zu gehen. Im Waschraum finde ich Jose. Um sich rum Rucksack und verschiedene Teile am Boden. Ich rieb mir vor Erstaunen die Augen, Jose stand sonst immer deutlich später als ich auf. Er meinte, heute gibt es in der Herberge in Ourense Andrang. Es ist die letzte Möglichkeit auf dem Camino einzusteigen um noch die Compostela zu erhalten. Ich ließ mich von der Hektik anstecken und holte auch alle Sachen aus dem Schlafsaal. Ohne Kaffee startete ich dann um 6:30 getrieben von der Hektik. Viele junge Spanier wollen sich nicht mehr quälen. Sie wollen aber die Compostela, also wird nur das kürzest mögliche Stück gelaufen.

Der Weg im Dunkeln führte zunächst durch Wald und Feld. Es war sehr schlecht zu laufen und ständig bestand die Gefahr auf einem Stein oder bei einer Unebenheit umzuknicken. Nach etwa 1,5 km kam endlich die Landstraße. Ich spulte nun Kilometer für Kilometer ab und fühlte mich wieder richtig gut. Irgendwann sah ich in der Ferne einen Pilger. Mein Jagdtrieb war geweckt. Meine Nordic Walkinggruppe kennen das, taucht eine Jogginggruppe vor uns auf, wird mein Schritt unweigerlich schneller. Ich bekomme dann den Tunnelblick und habe nur noch das Ziel, die Jogginggruppe, vor Augen. So war es jetzt auch wieder. Es dauerte aber noch lange Zeit bis ich Jose erreichte und er mich an meinem klac, klac… erkannte. Er drehte sich um und rief mir „Walkingmachine“ zu. Das spanische Paar, das immer um 6:00 startet, überholte ich kurze Zeit später auch noch. Ich behielt mein Tempo bei und enfernte mich schnell von allen.

Auf die Landschaft brauchte ich heute nicht achten. Es gibt nichts berichtenswertes. Auf Aspalt geht es von Ort zu Ort bis wieder einmal der unansehnliche Vorstadtbereich mit Industrie- und Gewerbegebiet einer Stadt beginnt. Hier laufe ich an einer kleinen Bäckerei vorbei und es riecht verlockend. Ich lasse mich von dem Duft verführen und betrete sie. Mit einem Gebäck und mit einer Cola lasse ich mich an dem einzigen Tisch mit zwei Stühle nieder. Die Frau packt mir unerwartet zwei Brötchen ein und schenkt sie mir. Nach einem zweiten Gebäck packt Sie mir zwei weitere Stücke, es waren große gefüllte Brötchen, ein. Ich sah wohl ziemlich bemitleidenswert oder hungrig aus. Es ist eine schöne Geste die mich sehr gefreut hat.

Mit Jose laufe ich in Ourence ein. Wir kommen um 11:25 an und finden die Herberge verschlossen vor.

Erst um 12:30 öffnet sie wieder. Kurze Zeit später trifft das spanische Paar ein. Es folgt ein holländisches Paar, das aus Zeitgründen ein Stück mit der Bahn gefahren ist. Dann folgen Giovanni und zwei Radpilger.

Pünklich wird die Herberge geöffnet. Nach Stempel und 5 EUR Gebühr geht es mit dem Hospitalero zu den zwei Schlafräumen. Ich wähle spontan den ersten Raum aus. Später stelle ich fest, das der Blick von meinem Fenster aus auf eine letzte Ruhstätte gerichtet ist. Wenn das nicht spontane Eingebung bei mir war! Giovanni hatte es sofort gesehen und ist sofort wieder raus und hat sich im anderen Raum einquartiert.

Mit zwei anderen Pilgern nutze ich die Waschmaschine und später auch den Trockner. Zwischenzeitlich treffen drei junge spanische Fußpilger ein, sie haben bereits die letzte lange Etappe hinter sich. Sie kommen hintereinander humpelnd in die Herberge. Ich kann mir das Lachen nicht verkneifen, aber Sie haben wenigstens Humor und lachen mit. Nicht viel später kommen drei weitere junge Spanier (Fußpilger) an. Einer der Dreien mit weißer kurzer Hose, alle mit weißen Sportschuhen und kleinem Freizeitrucksack. Sie sind gekleidet als ob es zu einer Verknügungsreise geht. Einer mit toller Sonnenrille und gestylter Frisur. Drei „Spaß- oder Partypilger“! Mal sehen wie Sie morgen Abend ausschauen. Es wird wieder eine anstrengende Etappe.

Mit Conni, Niki und Lisa gehe ich Nachmittags zum Essen. Markus kommt kurz in die Herberge und wird morgen wieder mitlaufen, auch Petro taucht abends noch auf.

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